▶ DR. SYLVIA BLEZINGER

Das Alterszentrum Acherhof in Schwyz gilt als Vorbild, wie die Transformation von einem klassischen Altersheim zu einem Pflegeheim und Dorfquartier für alle Generationen gelingen kann.

Die Pflegeheime stehen in der Schweiz vor etlichen Herausforderungen. Die drängendsten sind sicher der Mangel an Fachkräften in der Pflege und die gestiegenen Kosten für Personal und Material. Weitere aktuell absehbare Schlüsselentwicklungen sind die Verzahnung von ambulanten und stationären Leistungen; Smart-Home-Technologien mit KI; architektonische Innovationen und der Fokus auf Lebensqualität. Diese Punkte verdeutlichen, dass die Pflegeheime in der Schweiz sowohl mit internen als auch externen Herausforderungen konfrontiert sind, die eine Reform und möglicherweise eine Neuausrichtung der Pflegeinfrastruktur und -politik notwendig machen könnten.

Welche Modelle für die institutionelle Pflege werden sich in Zukunft durchsetzen? Das klassische Altersheim gibt es bereits jetzt kaum noch. Die zukünftige Entwicklung der Heime wird sich auf eine Mischung aus höheren Pflegestufen, mehr demenziell Erkrankten und einem stärkeren Fokus auf individuelle Lebensqualität und Selbstbestimmung stützen.

Der Stiftungsrat des Alterszentrums Acherhof in Schwyz erkannte diese Entwicklungen rechtzeitig und führte es vom klassischen Altersheim zum Pflegeheim und Dorfquartier.

Das Alterszentrum Acherhof

Das Hauptgebäude des klassischen Altersheims des Alterszentrums Acherhof von 1974/75 genügte den aktuellen Ansprüchen an eine zeitgemässe Pflege nicht mehr. Die Stiftung entschied sich für einen gründlichen Um- und teilweisen Neubau, um die Infrastruktur den künftigen Pflegeanforderungen anzupassen. Dies war nicht zuletzt deshalb so erfolgreich, weil das Zentrum bereits in den 70er-Jahren umsichtig geplant worden war. Das Geb.ude wurde zum Rohbau zurückgebaut, seitlich um einen Anbau ergänzt und um ein Geschoss aufgestockt. Die bestehenden Bewohnerzimmer besitzen nun eine Nasszelle und erhalten eine Fensternische mit Panoramafenstern. Im Erdgeschoss entstanden zusätzlich zum klassischen Speisesaal ein öffentliches Restaurant und ein Mehrzweckraum. Im „Haus Franziskus“ für demenzkranke Menschen ist die mögliche Bettenzahl jetzt doppelt so hoch

Gute Voraussetzungen

Hermann Heussi, Partner der ausführenden BSS Architekten, war fast von Anfang an dabei und ist regelrecht begeistert vom Areal: Erstmals konnte fast ein ganzes Quartier und nicht nur ein isoliertes Alterszentrum geplant werden. Das Areal ist einzigartig. 25 000 qm, teils umgeben von einer Mauer, erlaubt es viele Nutzungsmöglichkeiten. Das Alterszentrum liegt ausserdem sehr zentral. Man kennt sich in Schwyz. Vereine halten ihre Generalversammlung im Acherhof ab. „Als 7-jähriger war ich als Nikolausbegleiter im Acherhof“, erzählt Lukas Gisler. Jetzt ist er Geschäftsbereichsleiter des Alterszentrums. Er sieht den Erfolg unter anderem in der Kleinräumigkeit, die den Quartiercharakter prägt.

Die Grösse des Areals und der Bestand erlaubte den Bau von 50 Familienwohnungen auf dem Gelände.

Auch eine Privatschule wurde auf dem Areal angesiedelt. Die anfänglichen Befürchtungen, dass die Lärmentwicklung stören könnte, haben sich nicht bestätigt. Im Gegenteil: Heute beschweren sich die Bewohnerinnen, wenn ihre Sicht auf die spielenden Kinder einmal eingeschränkt ist.

Der Schulweg und der Weg vom Dorf zum Spital führen durch das Alterszentrum. Diese Wege führen fast zwangsläufig zu einer guten Einbindung ins Quartier.

Ein Quartier für verschiedene Generationen

Ein Quartier für alle Generationen ist anspruchsvoll: Quasi vom Baby bis zum Greis gibt es verschiedene Ansprüche und Prioritäten. Gegründet mit dem Ziel, ein inklusives Umfeld zu schaffen, bietet die Stiftung eine Vielzahl von Programmen und Dienstleistungen, die darauf abzielen, die Lebensqualität der Bewohner zu verbessern und ihnen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Ziel der Stiftung ist es, im Acherhof Angebote zu machen. Das Quartierleben kommt dann von den Menschen selbst. Es sind Angebote, die in jedem Pflegeheim umgesetzt werden könnten.

Eine zentrale Bedingung beim Umbau war, mehr „Hotelcharakter“ und weniger „Spitalfeeling“ zu schaffen. Ein hotelartiger Eingangsbereich mit Lobby und das geschmackvoll gestaltete öffentliche Restaurant zeigen, dass dies gelungen ist. Die alte Kapelle wurde zum Werkraum und Quartieratelier umgestaltet. Die Schulkinder basteln dort und Bewohnerinnen, die oft ein Handwerk gelernt haben, können ihre Erfahrung teilen. Dies ist besonders wertvoll. Bei einer Konferenz in Interlaken zum Thema „Das Pflegeheim der Zukunft“ forderte der Philosoph Ludwig Hasler aus Zollikon die Nutzung der Erfahrung und des Wissens der Heimbewohner als wichtigstes Element der Lebensqualität. Es ist das Gefühl des „Gebrauchtwerdens“, das signifikant dazu beiträgt.

Eine Besonderheit ist der „Quartierwagen“ auf der Acherhof-Piazza. Ein Bauwagen für verschiedenste Aktivitäten. Die Luzerner Albert Koechlin Stiftung (AKS) prämierte diese innovative Idee. Noch in diesem Jahr wird ein gemeinsames Projekt der Schule und der Stiftung Acherhof, der Entdeckerweg, eröffnet. An fünf Entdeckerstationen kann man mehr über das Leben erfahren, Anstösse zur Reflexion erhalten, neue Dinge lernen, sich unterhalten. Ganz von allein entwickelt sich der Einbezug der Umgebung jedoch nicht. Im Acherhof gibt es einen fest angestellten Quartiermanager. Ein offensichtlich erfolgreiches Modell.

Wie geht es weiter?

Auf dem Gelände gibt es noch tausende Quadratmeter, die im ursprünglichen Masterplan noch nicht berücksichtigt waren. Teilweise mit Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen. Der Bedarf für Betreuungsmöglichkeiten von Personen mit höherer Pflegestufe, Raum für Menschen mit demenziellen Erkrankungen und neue Wohn- und Betreuungsmodelle ist gross.

Diese werden sich kontinuierlich weiterentwickeln, um den Bedürfnissen der Gesellschaft besser gerecht zu werden. Sie müssen flexibel, individuell und gleichzeitig effizient und kostengünstig sein, um eine hohe Lebensqualität für die Bewohner zu gewährleisten. Noch gibt es keine konkreten Pläne. Es bleibt also spannend im Acherhof.

 

Erschienen in der Fachzeitschrift Heime und Spitäler (Ausgabe 1 / März 2025). Den Artikel als PDF herunterladen.